BOGENSCHIESSEN: Millimetersache
Blankenfelde wird Zweiter und kann weiter auf den direkten Wiederaufstieg in die deutsche Eliteliga hoffen
Von Lars Sittig
BLANKENFELDE/MAHLOW - Es ist so gegen 17 Uhr, als aus den Boxen der Song „Allein, allein“ von Polarkreis 18 dröhnt. Die Arena am Weidenhof leert sich, die Blankenfelder Bogenschützen sind wieder allein, nachdem seit dem Vormittag eine üppige Schar Schützen die Arena bevölkert hat. Helfer verstauen die letzten Elemente des Equipments, die letzten Bockwürste wandern über den Verkaufstisch und Franz Faschko zieht ein Resümee. „Ich bin sehr zufrieden, das war unser bestes Match in dieser Saison“, sagt der Trainer der Blankenfelder Bogenschützen, nachdem Faschko unmittelbar nach dem dritten Wettkampf in der zweiten Bundesliga Nord noch enttäuscht über die „zu geringe Ausbeute an Punkten“ gewesen war. „Mit dieser guten Schießleistung hätten wir mehr Zähler holen müssen“, sagte er. Nach drei Stunden Kampf und sieben Duellen gegen die Rivalen in der Staffel Nord, hatte sich Blankenfelde als Zweiter der Tageswertung trotzdem die Chance auf den direkten Wiederaufstieg in die deutsche Elite erhalten. Nach dem ersten Duelltag in der zweiten Liga lag Blankenfelde auf Rang fünf, rutschte nach dem zweiten Treffen auf Position sieben von acht Teams ab und ist jetzt wieder Fünfter. Bitter: Durch einen Meldefehler büßte die Mannschaft wichtige Ringe ein, ein Match wurde als verloren gewertet. „Das ist das Wichtigste, dass wir weiter die Möglichkeit haben aufzusteigen“, sagte Schützin Anne Pavel, als sie ihren Wettkampfbogen einpackte.
1500 Euro kostet ein guter Bogen, vier bis fünf Kilo wiegt das hochmoderne Kampfgerät – und auch der Wettkampf produzierte erstaunliche Leistungsdaten: Pro Schuss beträgt die Zugkraft mehr als zwanzig Kilogramm – was sich auf rund 1,6 Tonnen pro Schützen bei einem Zweitligakampftag summiert. Für jeden Schuss gibt es zwanzig Sekunden Zeit.
„Das sieht von außen so einfach aus, aber das ist Hochleistungssport“, hielt Faschko ein Plädoyer für alle, die denken, Bogenschießen wäre ein bisschen „zupfen“ oder ein Hobby „wie am Strand liegen“. „Bogenschießen“, berichtet Faschko, „ist nach Golf die zweitkomplexeste Sportart überhaupt, weil 21 Muskelgruppen beansprucht werden.“ Um Bundesliganiveau zu erreichen, so der Trainer, müsse man mindestens fünf Jahre hart trainieren. Auch die junge Blankenfelder Equipe feilt zwei- bis dreimal pro Woche an der Technik und schindet sich zusätzlich einmal im Kraftraum für die Kondition. Der Wettkampf selber, wo das Spitze ins Runde muss, ist Millimetersache, die 18 Meter vom Schützen entfernte „Zehn“, die auch häufig getroffen wird, ist etwa so groß wie eine Zwei-Euro-Münze. Zu den Besonderheiten gehört auch, dass beim Bogenschießen Männer, Frauen und beispielsweise auch Rollstuhlschützen gemeinsam in einem Wettkampf starten.
In vier Wochen in Norderstedt, beim letzten von vier Wettkampftagen dieser Saison, wird der Aufstiegskampf eine besonders knappe Sache. Blankenfelde liegt auf Platz fünf – die Rechenspiele haben bereits jetzt begonnen. „In unserer Staffel sind auch zwei zweite Mannschaften von Bundesligisten“, sagt Stefan Laux, der Sportleiter des Clubs, „Die dürfen nicht aufsteigen.“ Faschko versprühte Optimismus: „Wenn wir so schießen wie heute, dann schaffen wir es noch“, sagte er – vermutlich auch, um seinem Ensemble Selbstvertrauen zu verschaffen, denn Bogenschießen ist nicht nur Millimeter-, sondern vor allem auch Nervensache. „Wenn man anfängt, beim Schießen zu denken“, sagt Faschko, „dann hat man schon verloren.“